
Die Kommunion der Essener
(Die vier ersten Seiten vom Essener Evangelium "Die Kommunion der Essener". Aus dem Buch "Das geheime Evangelium der Essener" von Dr. E. Bourdeaux Szekelye.)
Und es begab sich, daß Jesus die Söhne des Lichts am Flußufer versammelte, um ihnen das Verborgene zu enthüllen. Denn sieben Jahre waren vergangen, und jeder einzelne war reif, die Wahrheit zu hören, so wie die Blume sich aus der Knospe öffnet, wenn die Engel der Sonne und des Wassers sie zum Blühen bringen.
Und jeder von ihnen war anders als der andere, denn einige waren alt, andere hatten noch den Tau der Jugend auf ihren Wangen, andere waren nach den Traditionen ihrer Väter erzogen worden, und wieder andere kannten weder Vater noch Mutter. Aber alle besaßen eine Klarheit des Auges und eine Geschmeidigkeit des Körpers, denn dies waren die Zeichen dafür, daß sie sieben Jahre lang mit den Engeln der Erdenmutter gewandelt waren und deren Gesetze befolgt hatten. Sieben Jahre lang hatten die unbekannten Engel des Himmelsvaters sie während ihres Schlafes belehrt. Und jetzt war der lag gekommen, an dem sie in die Bruderschaft der Auserwählten eintreten und die verborgenen Lehren der Alten, von Enoch und noch früheren, lernen würden.
Und Jesus führte die Söhne des Lichts zu einem alten Ha um am Fluß. Dort kniete er an der Stelle, wo die Wurzeln, knorrig und grau vor Alter, sich über den Flußrand ausbreiteten. Und die Söhne des Lichts knieten ebenfalls nieder und berührten mit Ehrfurcht den Stamm des alten Baumes, denn man hatte sie gelehrt, daß die Bäume Brüder der Menschensöhne sind. Denn ihre Mutter ist die gleiche, die Erdenmutter, deren Blut im Mark des Baumes und im Körper des Menschensohnes fließt. Und ihr Vater ist der gleiche, der Himmelsvater, dessen Gesetze in den Zweigen des Lebensbaumes geschrieben stehen und auf den Stirnen der Menschensöhne eingeprägt sind.
Und Jesus streckte seine Hände nach dem Baume aus und sagte: «Sehet den Baum des Lebens, der mitten im ewigen Meer steht. Schaut nicht nur mit den Augen des Körpers, sondern schaut mit den Augen des Geistes den Baum des Lebens als eine Quelle von fließenden Strömen, als eine lebendige Quelle in einem Land der Dürre. Schaut den ewigen Garten der Wunder und in seiner Mitte den Baum des Lebens, Wunder aller Wunder, ewige Zweige für stetiges Wachstum, die sich im Strom des Lebens aus einer unvergänglichen Quelle verwurzeln. Schaut mit den Augen des Geistes die Engel des Tages und die Engel der Nacht, die die Früchte mit Flammen des ewigen
Lichts, die überall brennen, beschützen.
Schaut, o Söhne des Lichts, die Zweige des Lebensbaumes strecken sich dem Reich des Himmelsvaters entgegen. Und schaut, die Wurzeln des Lebensbaumes reichen hinunter zum Busen der Erdenmutter. Und der Menschensohn ist zu einer unendlichen Höhe emporgehoben und wandelt durch die Wunderwerke der Ebene; denn nur der Menschensohn trägt in seinem Körper die Wurzeln des Lebensbaumes; die gleichen Wurzeln, die ,im Busen der Erdenmutter saugen; und nur der Menschensohn trägt in seinem Geiste die Zweige des Lebensbaumes; die gleichen Zweige, die sich dem Himmel entgegenstrecken, dem Reich des Himmels Vaters.
Und sieben Jahre lang habt ihr den ganzen Tag mit den Engeln der Erdenmutter gearbeitet; und sieben Jahre lang habt ihr in den Armen des Himmelsvaters geschlafen.
Und jetzt wird euer Verdienst groß sein, denn euch wird die Gabe der Zungen verliehen werden, auf daß ihr die volle Kraft eurer Erdenmutter auf nehmen, über ihre Engel bestimmen und über ihr ganzes Königreich herrschen könnt. Nehmt an die blendende Glorie eures Himmelsvaters, auf daß ihr über seine Engel bestimmen und in das immerwährende Leben im Himmlischen Reich eintreten könnt.
Und sieben Jahre lang wurden euch diese Worte nicht gegeben, denn der, der das Geschenk der Zungen benutzt, Reichtümer zu suchen oder seine Feinde zu beherrschen, der wird nicht länger ein Sohn des Lichts sein, sondern ein Kind des Teufels und eine Kreatur der Finsternis. Denn nur das klare Wasser kann das Licht der Sonne widerspiegeln; und das Wasser, angefüllt mit Dreck und Unrat, kann nichts widerspiegeln. Und wenn der Körper und der Geist des Menschensohnes mit den Engeln der Erdenmutter und des Himmelsvaters sieben Jahre lang gewandelt ist, dann ist er wie ein dahin fließender Strom in der Mittagssonne, der blendendes Licht von leuchtenden Juwelen widerspiegelt.
Hört mich, Söhne des Lichts, denn ich werde euch das Geschenk der Zungen enthüllen, damit ihr beim Sprechen zu eurer Erdenmutter am Morgen und zu eurem Himmelsvater am Abend der Einheit des Himmels näherkommt, der Einheit, für die der Sohn des Menschen seit Beginn der Zeiten bestimmt war.
Ich werde euch tiefe und geheimnisvolle Dinge mitteilen. Denn ich sage euch wahrlich, alle Dinge sind von Gott, und es gibt keinen außer Ihm. Richtet nun eure Herzen aus, auf daß ihr auf den rechten Wegen wandelt, dort wo seine Gegenwart ist.
Wenn ihr eure Augen am Morgen öffnet, noch bevor euer Körper vom Engel der Sonne geöffnet wird, sagt zu euch selbst diese Worte, laßt sie in eurem Geiste widerhallen; denn Worte sind wie abgefallenes Laub, wenn in ihnen nicht das Leben des Geistes ist. Sagt dann diese Worte: „Ich betrete den ewigen und unendlichen Garten des Wunders, mein Geist in Einheit mit dem Himmelsvater, mein Körper in Einheit mit der Erdenmutter, mein Herz in Harmonie mit meinen Brüdern, den Söhnen der Menschen, schenke ich meinen Geist, meinen Körper und mein Herz der heiligen, reinen und erlösenden Lehre, jener Lehre, die von alters her Enoch bekannt war.“
Und nachdem diese Worte in euren Geist gedrungen sind, sagt am ersten Morgen nach Sabbat diese Worte: „Die Erdenmutter und ich sind Eins. Ihr Atem ist mein Atem; ihr Blut ist mein Blut; ihre Gebeine, ihr Fleisch, ihr Inneres, ihre Augen und Ohren sind meine Gebeine, mein Fleisch, mein Inneres, meine Augen und Ohren. Niemals werde ich sie verlassen, und immer wird sie mich nähren und meinen Körper erhaltene.“ Und ihr werdet spüren, wie die Kraft der Erdenmutter durch euren Körper fließt, so wie der Fluß, wenn er vom Regen angeschwollen ist, mächtig dröhnend dahinströmt.